Averroismus

Als Averroismus bezeichnet man eine auf den arabischen Philosophen Averroes (Ibn Ruschd) zurückgehende Richtung in der europäischen Philosophie des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Sie erregte wegen der theologischen Konsequenzen der Auffassungen, die sie vertrat bzw. die ihr von gegnerischer Seite unterstellt wurden, großes Aufsehen. „Averroist“ ist nicht eine Selbstbezeichnung der Anhänger dieser Richtung, sondern ein von deren Gegnern in polemischer Absicht geprägter Begriff. Da Averroes und die Averroisten Aristoteliker waren, handelt es sich um eine Strömung innerhalb des Aristotelismus.

Ein erheblicher Teil der Werke des 1198 gestorbenen Averroes war den christlichen Gelehrten seit den dreißiger Jahren des 13. Jahrhunderts zugänglich, da Michael Scotus eine Reihe von teils umfangreichen Kommentaren des arabischen Philosophen zu Schriften des Aristoteles ins Lateinische übersetzt hatte. Die Wirkung in der lateinischsprachigen Welt war gewaltig. Im Spätmittelalter pflegten die Scholastiker von Aristoteles als „dem Philosophen“ schlechthin zu sprechen und von Averroes als „dem Kommentator“ schlechthin. Mit „Averroismus“ ist aber nicht die breite Averroes-Rezeption in ihrer Gesamtheit gemeint, sondern nur eine Anzahl von theologisch und philosophisch stark umstrittenen Positionen, die nach Ansicht der Gegner des Averroismus für diese Richtung charakteristisch sind.

Obwohl Averroes der Überzeugung war, seine Lehre stehe in völligem Einklang mit dem Koran, fand seine Philosophie in der islamischen Welt im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit wenig Widerhall. Beachtung erhielt sie jedoch bei jüdischen Gelehrten. Ausgehend von hebräischen Averroes-Übersetzungen entwickelte sich ein jüdischer Averroismus in Spanien und Südfrankreich. Zur Unterscheidung vom jüdischen wird der Averroismus lateinischsprachiger Gelehrter auch als lateinischer Averroismus bezeichnet.


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